Update vom 21.01.2020: OLG Hamm urteilt für Care-Energy-Kunden: Prozesserfolg gegen Insolvenzverwalter Wilhelm

Update vom 21.01.2020: Erstmals hat am 25.11.2019 mit dem OLG Hamm (I-2 U 50/19) ein deutsches Obergericht zu der Frage entschieden, ob der Insolvenzverwalter der Care-Energy Management GmbH, Rechtsanwalt Jan. H. Wilhelm (Insolvenzverwalter über das Vermögen der Care-Energy Management GmbH, AG, Bremen, HRB 32147), berechtigt ist, Zahlungsansprüche gegen eine ehemalige Kundin der mk-power Ihr Energiedienstleister GmbH & Co. KG geltend zu machen oder nicht. Mit ausführlicher Argumentation legte das Gericht in der mündlichen Verhandlung dar, dass keine derartigen Zahlungsansprüche bestehen. 

Prozesserfolg der Kanzlei Bauer, Dälken, Dr. Dälken vor dem OLG Hamm

In dem dortigen Verfahren hatte der Insolvenzverwalter Zahlungsansprüche in bedeutsamer fünfstelliger Größenordnung gegen eine Gesellschaft geltend gemacht, die verschiedene Fitnessstudios in NRW betreibt. Die von der Kanzlei Bauer, Dälken, Dr. Dälken vertretene Gesellschaft konnte nun in dem Rechtsstreit bei dem Oberlandesgericht Hamm in II. Instanz gegen den Care-Energy-Management-Insolvenzverwalter gewinnen.

 

Wie bei fast allen Kunden: Ursprünglich bestand ein Vertrag mit der Firma mk-power

Auch die beklagte Gesellschaft hatte ihr Energielieferverhältnis ursprünglich mit der Firma mk-power Ihr Energiedienstleister GmbH & Co. KG abgeschlossen. Wie bereits zuvor in anderen Gerichtsverfahren gelang es dem Insolvenzverwalter nicht, zur Überzeugung des Gerichts darzulegen und nachzuweisen, dass die Firma Care-Energy Management GmbH Forderungen aus diesem Energielieferverhältnis gegen die ehemalige Kundin erworben hat. 

Keine Forderungsinhaberschaft des Insolvenzverwalters aufgrund Abtretung oder Umstrukturierung

Wie bereits in der Vergangenheit argumentierte der Insolvenzverwalter auch in diesem Verfahren erfolglos, er sei aufgrund einer Umstrukturierung der Care-Energy-Gruppe Inhaber der Forderungen geworden, die ihm zuvor von der Care-Energy AG, die als Energieversorger tätig gewesen sei, abgetreten wurden. Substantiiert darlegen oder gar nachweisen konnte er die von ihm behauptete Forderungsinhaberschaft zur Überzeugung des Gerichts nicht. 

Vollmacht führt nicht zu einem Zahlungsanspruch

Der Insolvenzverwalter argumentierte weiter, die Kundin habe ja eine Vollmacht unterschrieben. Das Gericht teilte mit, man könne bereits Zweifel haben, ob die Vollmacht überhaupt wirksam ist; im Ergebnis komme es darauf aber nicht an. Unklar sei überdies auch, ob ein Energielieferant mit einem anderen Energielieferanten qua Vollmacht überhaupt rechtswirksam ein neues Energielieferverhältnis begründen könne. Auch darauf komme es aber nicht entscheidend an, denn letztlich habe der Insolvenzverwalter insgesamt nicht substantiiert darlegen können, dass überhaupt unter Verwendung einer Vollmacht ein neues Vertragsverhältnis begründet worden sei.

Kein automatischer Vertragsabschluss durch Belieferung mit Strom

Schließlich komme auch ein Vertragsschluss qua Realofferte durch Belieferung mit Strom nicht in Betracht, da der Kunde ja bereits über ein Vertragsverhältnis – eben mit der mk-power Ihr Energiedienstleister GmbH & Co. KG – verfüge. Durch die Belieferung mit Strom durch einen anderen Energieversorger könne dann nicht einfach ein neues Vertragsverhältnis zustande kommen. 

Auch kein Zahlungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung

Aus dem gleichen Grunde scheitere auch ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB).

Schließlich: keine Forderung aus dreiseitigem Vertrag

Auch eine Übertragung der bestehenden Vertragsverhältnisse auf die Care-Energy Management GmbH sei nicht ersichtlich. Dafür müsse es ja einen dreiseitigen Vertrag geben, den der Insolvenzverwalter aber nicht substantiiert darlegen konnte. 

Schließlich komme auch eine konkludente Zustimmung des Kunden zu einem neuen Energielieferverhältnis nicht Betracht. Denn es reiche für die Annahme eines Vertragsschlusses nicht aus, wenn der Kunde auf eine bestimmte Bankverbindung überweist oder im Verwendungszweck seiner Überweisung eine bestimmte Debitorennummer angibt, die der Care-Energy Management GmbH zugeordnet werden kann. Allein in der Umstellung des Verwendungszwecks und in der Verwendung einer anderen Kontonummer könne in einem Dauerschuldverhältnis nämlich kein Wechsel des Vertragspartners gesehen werden. Hinzu komme, dass die Care-Energy Management GmbH offenbar lediglich eine „Zahlstelle“ gewesen sei. Das Gericht bezweifelte, dass ein Kunde durch Zahlung an die Zahlstelle zum Ausdruck bringt, dass er ausgerechnet mit dieser einen Vertrag begründen möchte. 

Ergebnis: kein Zahlungsanspruch des Insolvenzverwalters

Im Ergebnis teilte das Gericht mit, es bestehe kein Vertragsverhältnis zwischen der Kundin und der Care-Energy Management GmbH und es sei auch kein Forderungsübergang auf die Care-Energy Management GmbH feststellbar. Mit diesen Argumenten wies das Gericht die Klage des Insolvenzverwalters Wilhelm gegen die ehemalige Care-Energy-Kundin insgesamt ab. 

> Hier das Urteil in Sachen Care-Energy im Volltext (Aktenzeichen: I-2 U 50/19)

Urteil hat Potenzial für erhebliche Signalwirkung für zehntausende ehemalige Care-Energy-Kunden

Auch dieses Urteil hat Potenzial für eine erhebliche Signalwirkung für zehntausende andere Fälle: Nachdem der Insolvenzverwalter Wilhelm bereits wiederholt mit Zahlungsansprüchen gegen ehemalige Kunden der Care-Energy Management GmbH vor Gericht gescheitert ist, liegt jetzt erstmals ein obergerichtliches Urteil vor, das sich zur Sache äußert. Es könnte durchaus sein, dass durch dieses Urteil die Frage, ob der Insolvenzverwalter der Care-Energy Management GmbH berechtigterweise Zahlungsansprüche gegen ehemalige Kunden der mk-power Ihr Energiedienstleister GmbH & Co. KG geltend machen kann oder nicht, nun grundlegend im Sinne der Care-Energy-Kunden entschieden ist. Das wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn andere Gerichte der Rechtsauffassung des OLG Hamm in den dortigen Rechtsfragen folgen.